na ja geht so

29
Apr
2010

ein tag wie jeder andere

Der Ex-Radiologe steht jetzt täglich zehn bis zwanzig Mal in der Bürotür, wenn er mal nicht mein Telefon heißklingeln lässt. Dafür bedankt er sich auch immer artig für die spontanen Flickarbeiten, kleinen Wunder und Softwarehäppchen, die ich ihm vorwerfe. Einerseits nett, andererseits extrem ermüdend und lästig, weil ich ja eigentlich auch noch genug geplante Arbeit vor mir her schiebe. Erwäge demnächst einfach mal 'Nein' zu sagen, um nicht zu einem zweiten Stani zu mutieren, dem arbeitswütigen Polen aus dem Nachbarbüro, der zwar chaotisch und rastlos, aber allseits bereit jede noch so unlösbare Aufgabe auf seinen Schultern abladen lässt.

Der Mitbewohner wirft mich förmlich zu Feierabend aus dem Büro, scheinbar aus Fürsorge, doch offensichtlich aus Angst, sein Ansehen könnte bröckeln, wenn er täglich nach mir kommt und vor mir geht und in der Zwischenzeit auf keinen grünen Produktivitätszweig kommt.

Die kleine Italienerin erzählt mir in der Mittagspause euphorisch, wie sie gerade erst erwacht und gleich zum Pizzabacken übergegangen ist, nachdem sie gestern Abend nicht aufhören konnte, noch diesen einen und dann den anderen Film anzuschauen, und mir fällt auf, wie lieb ich diese verrückte Person gewonnen habe und wie sehr sie mich an jemanden erinnert.

Die Kaffeepause kommt einer lebensrettenden Maßnahme gleich, weil ich mal kurz das Facility Management halte, als er vor AltersKreislaufschwäche beim Abbau der Wetterschutzwand fast vom Raucherbalkon stürzt.

Ich erwarte geduldig den Regen zum Wochenende und wundere mich noch immer, wie sehr es mir gefällt, wenn du mir Türen aufhälst und Berge für mich versetzt. Das darf sonst kein anderer Mann.

Und jetzt das obligatorische Glas Wein.

23
Apr
2010

obstiges

Der Mitbewohner bringt mir Himbeeren und Weintrauben. Ich würde mich zu ungesund ernähren, meint er. Kann er doch gar nicht wissen, sage ich. Alles, was ich im Büro esse, wären schließlich Schokobons. Und die könnten ja nicht ungesund sein.

Das neue Identifikationsobst unseres Produktes ist übrigens ein Apfel. Ein grüner Apfel. Wegen der Frische. Nach der Vorstellung des Konzeptes unserer Marketingabteilung erwäge ich, denen ein paar Photoshopkurse anzubieten. Und überhaupt... Apfel... ich weiß ja nicht. Ich denke da eher an sauer. Und braune Stellen. Und Schmerzen, wenn man einen an den Kopf bekommt.

20
Apr
2010

tage aus asche

Den letzten Freitag in vollen Zügen weniger genossen als gelitten. Schaffner, die Reisende aus den Abteilen komplimentierten: "Wie? Sie wollen nur nach Nürnberg? Nehmen Sie doch bitte den RE, unser ICE nach Berlin kann sonst nicht losfahren, weil Sie zu dick/schwer/viele sind."

Samstag im gelb-blauen Skandinavienmöbelhaus fast kollabiert. Zu viele Kleinkinder mit Eltern an der Hand. Zu viele quietschbunte Plastikutensilien. Ich hatte mal eine Zeit in meinem Leben, in der ich gern dort kaufte. Lang muss es her sein.

Sonntag dann der 65. der einzig verbliebenen Großmutter. Bei schönstem Wetter im Park rumlümmeln und sich des Lebens freuen, bis man zum obligatorischen Kaffeetrinken gerufen wird. Mit Kuchen. Und kleinen Peinlichkeiten. Das Gesamtkunstwerk Pflanze, welches ich als Geschenk überreiche, kommt gut an, weil oder obwohl ich eine gefühlte Ewigkeit nach dem perfekten Übertopf gesucht hatte.
Dann der Anruf am nächsten Tag: "Schatz, deine Pflanze hat jetzt einen Ehrenplatz auf meinem Wohnzimmerschrank. Nur den Topf habe ich ausgetauscht. Den fand ich irgendwie nicht so schön."

Der Montag diesmal in halbleeren Zügen und später im vollen Shoppingwahn.

Und heute der Dienstag, der sich anfühlt wie ein Montag. Eine Einladung zum Essen. Abgesagt. Eine Einladung zum Kino. Abgesagt. Schließlich habe ich heute wirklich keine Lust auf belastende Menschen. Und du traust dich immer noch nicht.

15
Apr
2010

@work

Die Aussicht auf baldig erneute Befristung, die mich spontan vor der nahenden Arbeitslosigkeit rettet, motiviert mich natürlich ins Unermessliche, auch wenn der Mitbewohner ein minderbemittelter, großkotziger, egozentrischer Honk bleibt.

Dass die eine Beste jetzt auch noch zukünftig im Betriebsrat sitzt, garantiert weiterhin tiefergehenden Informationsfluss - in meiner Situation auch nicht das Schlechteste.

Der fast blinde Ex-Radiologe hält mich offensichtlich immer noch für eine unfähige Trulla, die nichts weiter auszeichnet, als ihr ganz anschaulicher Arsch - für ihn natürlich uninteressant, weil fast blind - und übermüdetes Rumgestottere in Verbindung mit undurchdachten Flüchtigkeitsfehlern tragen nicht zur Verbesserung meiner Reputation bei. Vielleicht ist mir das aber inzwischen auch egal.

Der Kaffee schmeckt unten neuerdings besser als oben, und ich leide ganz ehrlich mit dem Ex, dass er nun aus dem Lieblingsbüro doch wieder ausziehen muss - in die Hölle unters Dach zu den Mumien erster Güte. Aber so etwas bringt eine Teamintegration in die Truppe des größtmöglichen Schleimschwätzers nun einmal mit sich.

Der gedemütigte Schatten mausert sich zum teilzeitangepissten Durchschnittskollegen und meine Angst, er könnte eines Tages doch mit der Armbrust und einer Ladung vergifteter Pfeile in meiner Bürotür stehen, verflüchtigt sich täglich ein bisschen mehr.

Alles in Allem gleichbleibend erträgliches Klima mit einigen Temperaturschwankungen, heiter bis wolkig.
Und das Beste am Tag bleiben die (Nicht)Raucherpausen.

2
Apr
2010

home

Spaziere durch die öden Landschaften meiner Kindheit und fühle mich heimatloser denn je. Hier sieht immer noch alles so aus, wie vor 20 Jahren. Oder aber auch nicht.
Das Wohnblockghetto hinter unserer Einfamilienhaussiedlung haben sie bunt angemalt, Stockwerke abgetragen, ganze Gebäude eingestampft - nur die Trostlosigkeit hat man nicht wegbekommen.
Der Straße vor meiner Haustür haben sie den "Bundes"-Vorsatz wegamputiert, sie enger gemacht, mit Kreisverkehren und Parkplätzen bestückt.
Die kleine Brücke am Ende des Rodelhanges ist eingestürzt/abgerissen. Macht nix, der Bach ist eh vertrocknet.
Der Kindergarten ist jetzt ein Seniorenzentrum mit dem sprechenden Namen "Goldener Herbst". (Tatsächlich würde ich ums Verrecken nicht den Herbst meinees Lebens dort verbringen wollen. Und wenn schon ein Herbst, dann müsste der bunt sein, allein schon weil ich Gold nicht ausstehen kann.)
Plätze, an denen wir als Kinder gespielt haben, wurden eingezäunt und mit "Betreten verboten!"-Schildern gespickt.
Die Menschen hinter den Gartenzäunen sehen mich an wie eine Außerirdische, aber vielleicht liegt das auch nur an meiner türkisfarbenen Strumpfhose. (Ostdeutsche Kleinstädte!)

Auf jeden Fall fühlt sich das nicht an wie nach Hause kommen. Das fühlt sich eher an wie eine Vergangenheit, in die ich nicht zurückkehren möchte.

30
Mrz
2010

...

Du bist so unberechenbar wie das Wetter, und dummerweise ist genau das der Grund, aus dem ich gerade mein Herz an dich verliere.

Stehe kurz davor zu viel Geld für eine neue Kamera auszugeben, dabei wäre ein neues Auto viel wichtiger. Nur kann ich mich nicht daran erinnern, jemals eine tatsächlich rationale Entscheidung getroffen zu haben.
Das macht die irrationale Investition wahrscheinlicher.
Das mag auch der Grund dafür sein, dass ich momentan alle Menschen von mir stoße, die glauben, sich um mich sorgen zu müssen.
Von den drei Kilo, die ich in der letzten Woche verloren habe ganz zu schweigen.

Und der Vollmond hängt am Himmel wie ein leuchtender blanker Hintern.

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